Malebranche
Wir haben schon oben S. 472 den Entwurf seiner Lehre eingerückt. Er gehört unter diejenigen, welche Licht und Farbe zarter zu behandeln glaubten, wenn sie sich diese Phänomene als Schwingungen erklärten. Und es ist bekannt, daß diese Vorstellungsart durch das ganze achtzehnte Jahrhundert Gunst gefunden. Nun haben wir schon geäußert, daß nach unserer Überzeugung damit gar nichts gewannen ist. Denn wenn uns der Ton deswegen begreiflicher zu sein scheint als die Farbe, weil wir mit Augen sehen und mit Händen greifen können, daß eine mechanische Impulsion Schwingungen an den Körpern und in der Luft hervorbringt, deren verschiedene Maßverhältnisse harmonische und disharmonische Töne bilden, so erfahren wir doch dadurch keinesweges, was der Ton sei und wie es zugehe, daß diese Schwingungen und ihre Abgemessenheiten das, was wir im allgemeinen Musik nennen, hervorbringen mögen. Wenn wir nun aber gar diesen mechanischen Wirkungen, die wir für intelligibel halten, weil wir einen gewissermaßen groben Anstoß so zarter Erscheinungen bemerken können, zum Gleichnis brauchen, um das, was Licht und Farbe leisten, uns auf eben dem Wege begreiflich zu machen, so ist dadurch eigentlich gar nichts getan. Statt der Luft, die durch den Schall bewegt wird, einen Äther zu supponieren, der durch die Anregung des Lichts auf eine ähnliche Weise vibriere, bringt das Geschäft um nichts weiter: denn freilich ist am Ende alles Leben und Bewegung, und beide können wir doch nicht anders gewahr werden, als daß sie sich selbst rühren und durch Berührung das Nächste zum Fortschritt anreizen.
Wie unendlich viel ruhiger ist die Wirkung des Lichts als die des Schalles. Eine Welt, die so anhaltend von Schall erfüllt wäre, als sie es von Licht ist, würde ganz unerträglich sein.
Durch diese oder eine ähnliche Betrachtung ist wahrscheinlich Malebranche, der ein sehr zart fühlender Mann war, auf seine wunderlichen Vibrations de pression geführt worden, da die Wirkung des Lichts durchaus mehr einem Druck als einem Stoß ähnlich ist. Wovon diejenigen, welche es interessiert, die Memoiren der Akademie von 1699 nachsehen werden.
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