> Gedichte und Zitate für alle: J.W.v.Goethe: Farbenlehre-Charakteristisches Kolorit (114)

2020-01-01

J.W.v.Goethe: Farbenlehre-Charakteristisches Kolorit (114)


Charakteristisches Kolorit 


880. Die Zusammenstellung farbiger Gegenstände 
sowohl als die Färbung des Raums, in welchem sie 
enthalten sind, soll nach Zwecken geschehen, welche 
der Künstler sich vorsetzt. Hiezu ist besonders die 
Kenntnis der Wirkung der Farben auf Empfindung, 
sowohl im einzelnen als in Zusammenstellung, nötig. 
Deshalb sich denn der Maler von dem allgemeinen 
Dualism sowohl als von den besondern Gegensätzen 
penetrieren soll; wie er denn überhaupt wohl inne 


haben müßte, was wir von den Eigenschaften der Farben 
gesagt. haben. 

881. Das Charakteristische kann unter drei Hauptrubriken begriffen werden, die wir einstweilen durch das Mächtige, das Sanfte und das Glänzende bezeichnen wollen.

882. Das erste wird durch das Übergewicht der aktiven, das zweite durch das Übergewicht der passiven Seite, das dritte durch Totalität und Darstellung des ganzen Farbenkreises im Gleichgewicht hervorgebracht.

883. Der mächtige Effekt wird erreicht durch Gelb, Gelbrot und Purpur, welche letzte Farbe auch noch auf der Plusseite zu halten ist. Wenig Violett und Blau, noch weniger Grün ist anzubringen. Der sanfte Effekt wird durch Blau, Violett und Purpur, welcher jedoch auf die Minusseite zu führen ist, hervorgebracht. Wenig Gelb und Gelbrot, aber viel Grün, kann stattfinden. 

884. Wenn man also diese beiden Effekte in ihrer vollen Bedeutung hervorbringen will, so kann man die geforderten Farben bis auf ein Minimum ausschließen und nur so viel von ihnen sehen lassen, als eine Ahndung der Totalität unweigerlich zu verlangen scheint.



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