XVII. Linnés Theorie von der Antizipation
107. Wenn ich, auf diesem Wege, den einer meiner
Vorgänger, welcher ihn noch dazu an der Hand seines
großen Lehrers versuchte, so fürchterlich und gefährlich
beschreibt, auch hie und da gestrauchelt hätte,
wenn ich ihn nicht genugsam geebnet und zum Besten
meiner Nachfolger von allen Hindernissen gereiniget
hätte; so hoffe ich doch diese Bemühung nicht fruchtlos
unternommen zu haben.
111. Die zweite Ursache, welche Linnéen verhinderte weiter vorwärts zu gehen, war, daß er die verschiedenen ineinandergeschlossenen Kreise des Pflanzenkörpers, die äußere Rinde, die innere, das Holz, das Mark, zu sehr als gleichwirkende, in gleichem Grad lebendige und notwendige Teile ansah, und den Ursprung der Blumen- und Fruchtteile diesen verschiedenen Kreisen des Stammes zuschrieb, weil jene, ebenso wie diese, von einander umschlossen und sich aus einander zu entwickeln scheinen. Es war dieses aber nur eine oberflächliche Bemerkung, welche näher betrachtet sich nirgend bestätiget. So ist die äußere Rinde zu weiterer Hervorbringung ungeschickt, und bei daurenden Bäumen eine nach außen zu verhärtete und abgesonderte Masse, wie das Holz nach innen zu verhärtet wird. Sie fällt bei vielen Bäumen ab, andern Bäumen kann sie, ohne den geringsten Schaden derselben, genommen werden; sie wird also weder einen Kelch, noch irgendeinen lebendigen Pflanzenteil hervorbringen. Die zweite Rinde ist es, welche alle Kraft des Lebens und Wachstums enthält. In dem Grad, in welchem sie verletzt wird, wird auch das Wachstum gestört, sie ist es, welche bei genauer Betrachtung alle äußeren Pflanzenteile nach und nach im Stengel, oder auf einmal in Blüte und Frucht hervorbringt. Ihr wurde von Linnéen nur das subordinierte Geschäft die Blumenblätter hervorzubringen zugeschrieben. Dem Holze ward dagegen die wichtige Hervorbringung der männlichen Staubwerkzeuge zuteil; anstatt daß man gar wohl bemerken kann, es sei dasselbe ein durch Solideszenz zur Ruhe gebrachter, wenn gleich daurender, doch der Lebenswirkung abgestorbener Teil. Das Mark sollte endlich die wichtigste Funktion verrichten, die weiblichen Geschlechtsteile und eine zahlreiche Nachkommenschaft hervorbringen. Die Zweifel, welche man gegen diese große Würde des Markes erregt, die Gründe, die man dagegen angeführt hat, sind auch mir wichtig und entscheidend. Es war nur scheinbar, als wenn sich Griffel und Frucht aus dem Mark entwickelten, weil diese Gestalten, wenn wir sie zum erstenmal erblicken, in einem weichen, unbestimmten markähnlichen, parenchymatosen Zustande sich befinden, und eben in der Mitte des Stengels, wo wir uns nur Mark zu sehen gewöhnt haben, zusammengedrängt sind.
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