Über den Ausdruck porphyrartig
Erfahrungswissenschaften
Deren kleine und dunkle Anfänge.
Erste Terminologie.
Sinnlich.
Figürlich.
Beschränkt.
Erweiterung der Erfahrung.
Fortgebrauch der ersten Terminologie.
Erweiterung derselben.
Ablenkung derselben.
Verwirrung.
Immer wachsend.
Notwendigkeit einer neuen Terminologie.
Die neue wird vorbereitet.
Durch Betrachtung der bisherigen.
Einzelner Fall.
Ausdruck: Porphyrartig und Gebrauch desselben.
Jaspis.
Für den äußeren Sinn einfache Gesteinmasse.
Wenn sich vor oder bei der Solideszenz derselben Teile absondern, welche doch in der ganzen Masse enthalten bleiben und sich durch Gestalt und Farbe von ihm unterscheiden. Dieses Gestein ward Porphyr genannt und mit Recht, weil es verarbeitet und geschliffen ein leuchtendes Ansehen hat.
Roter Jaspis mit weißen Feldspatkristallen führt also diesen Namen und behielt ihn, wenn auch die Feldspatkristalle
mehr ins Rötliche übergingen.
Grüne, schwärzliche Massen mit ähnlichen Feldspatkristallen erhielten denselbigen Namen, und das Hauptkennzeichen blieb immer, daß etwas fremdartig Scheinendes, aber in der Masse selbst uranfänglich Entwickeltes und
zugleich mit ihr Konsolidiertes in derselben sich, mehr oder
weniger gebildet, zeigt. Weil nun aber dieser Charakter bei sehr vielen Steinarten vorkommt, so nannte man mehrere
derselben porphyrartig, und das Gegenwärtige hat zum
Zweck, zu zeigen, daß man eine große Menge von Gebirgs-und Gesteinarten in diesem Sinne porphyrartig nennen
könnte.
Porphyrartiger Granit
So hat man denjenigen merkwürdigen Granit genannt, welcher vorzüglich in Karlsbad und die Eger weiter hinauf,
bis ans Fichtelgebirge hin, vorkommt, in welchem große,
meist Zwillingskristallen von Feldspat vorkommen, welche
sich unter gewissen Bedingungen vollständig aus der Masse
ablösen, oft aber auch von ihr unzertrennlich sind. Die
flachen Außenseiten dieses Granits, durch Witterung oder durch Kunst geglättet, haben freilich ein vollkommen porphyrartiges Ansehen.
Bei der Benennung aber ist der Begriff schon erweitert,
denn die Grundmasse ist hier nicht einfach, wie bei Porphyr, sondern sie besteht aus Glimmer und Quarz, welche
bei näherer Beleuchtung auch für kristallisiert gelten
können, und so kann der Ausdruck schon als vag und bloß
empirisch nur angesehen werden.
Porphyrartiger Gneis
Jener Granit findet sich auch bei seinem Übergang in Gneis. Jene Zwillingskristalle in ihrer noch völhg entschiedenen
Form und Eigenschaft erleiden Einfluß durch den Glimmer,
dessen flache Richtung sich hier zu manifestieren anfängt. Sie erscheinen selbst verflechtet, gestreckt, indem der Glimmer in sie übergegangen und auf sie eingewirkt hat. Sie dagegen bestimmen die Gestalt des ganzen Steins, in- dem das Flasrige desselben ganz allein durch sie hervorgebracht wird. Dieses schöne und merkwürdige Gestein
findet sich bei [Petschau] unfern der Töpel über Karlsbad. Die Kenntnis desselben, sowie die Exemplare, die ich
besitze, bin ich dem aufmerksamen Naturkenner Herrn
Dr. Sulzer in Ronneburg schuldig. Anstehend habe ich es
selbst niemals gesehen. Es verdiente jedoch jedem Freunde
dieser Kenntnisse unter Augen zu kommen.
Wenn man diesen Gneis ebensogut als jenen Granit porphyrartig nennen könnte, so geschieht dieses doch wohl
nur bloß, weil deutliche Feldspatkristalle in einer gewissen
Masse vorhanden sind, so ist man doch dadurch, wie schon gesagt, von dem Hauptbegriff abgewichen, daß man die Einfachheit der Masse, oder des Enthaltenen, dazu nicht
für nötig angesehn.
Ebensogut könnte man umgekehrt den Begriff erweitern und sagen, daß die Identität des Enthaltenen nicht dazu
nötig sei und daß das Enthaltene nicht immer Feldspat
zu sein brauche.
Wir würden also in dem oben angegebenen Hauptsinn auch
den Gneis, in dessen Masse sich Granaten entwickeln, porphyrartig nennen dürfen.
Porphyrartiger Glimmer
Es würde nunmehr kaum Verwegenheit sein, denjenigen
Glimmerschiefer porphyrartig zu nennen, welcher durch
Quarzteile eine flasrige Textur erhält, denn dieser Quarz
ist, obgleich ohne bestimmte Form, doch aber platten- und lagenweis aus der Glimmermasse hervorgetreten, wie man das Umgekehrte ebensogut sagen kann, da in stärkeren Quarzpartien der Glimmer enthalten ist.
Porphyrartiger Syenit
Durch obige Ableitung haben wir uns von dem Spezifischen
sowohl des Enthaltenden als des Enthaltenen losgemacht,
und wir fragen nunmehr bloß nach Massen, in welchen sich bei ihrer Entstehung etwas für den äußeren Sinn mehr oder
weniger Entschiedenes entwickelt hat, um mit der ganzen
Masse zu solideszieren. In diesem Sinn dürfen wir nun auch
einen porphyrartigen Syenit vorführen, da wir denn nur denjenigen nennen, der sich bei Airolo findet und in einer Feldspatmasse Granaten und Hornblendekristall zeigt.
Porphyrartiger Tonschiefer
soll uns in diesem Sinne derjenige Tonschiefer heißen, in welchem die feinen Nadeln sich finden, welche, indem sie sich manchmal übers Kreuz legen, diesem Gestein den
Namen Chiastolith erworben haben.
Fahren wir nun so fort, so finden wir durch alle Epochen
Gebirgsarten, in welchen diese Wirkung, die wir mit Recht chemisch nennen, vorgegangen ist, und welche alle porphyrartig zu nennen sind.
Porphyrartiges Quarzgestein
Aus dem vollkommenen, für den äußeren Sinn einfach gebildeten Quarzgestein von splittrigem Bruch entwickeln
sich nach und nach einzelne, hellere Quarzpunkte, welche
immer häufiger werden, so daß sie die Grundmasse nach
und nach zu verdrängen Schemen, ja sogar zuletzt in einer undeutlich kristallinischen Form untereinander ursprünglich sich berühren, den Sinnen wie ein förmliches Konglomerat erscheinen. Dieses Gestein läßt sich bei Karlsbad
in allen seinen Abstufungen vorzeigen. Man hat es mit dem
Namen Ursandstein belegt. Ich habe es unter dem Namen
einer scheinbaren Breccie aufgeführt, und ich bin überzeugt, daß sehr vieles, was wir mit dem Namen Breccie bezeichnen, nur ein scheinbares Konglomerat, wirklich aber auf Porphyrart erzeugt ist.
Porphyrartig totes Liegendes
Daß das sogenannte tote Liegende gar oft ein Konglomerat
sei, das heißt, aus vorher entstandenen und vorhandenen,
auf irgendeine Weise aufgelösten, zertrümmerten, vom Platz
gerückten Stein- und Gebirgsteilen, welche durch eine
spätere Masse wieder verbunden worden, und also eine wahre Breccie sei, daran ist wohl kein Zweifel; daß aber
ein großer Teil von diesem sogenannten toten Liegenden, von diesen sogenannten Breccien porphyrartig sei, davon
wird sich derjenige leicht überzeugen können, der mit den
Augen des Geistes und des Leibes zugleich zu sehen gewohnt ist. Hierher gehören:
Die grüne ägyptische Breccie, bei welcher man gar wohl
sehen kann, daß die Teile, aus denen sie besteht, noch
weich und bildsam, ja in der Bildung begriffen waren, als das Gestein solideszierte.
Der Puddingstone, der freilich aus abgerundeten harten Kieseln zu bestehen scheint, welche durch eine weichere
Masse verbunden sind. Allein betrachtet man diese Kiesel
selbst, so müßte es uns doch Wunder geben, wie ein jeder in sich so selbständig sein könnte, wenn er aus zersplitterten Trümmern abgerundet sein sollte. Vielmehr spricht es zugunsten unserer Meinung, daß bei solchen Steinarten immer das Enthaltene, was mehr oder weniger in Eiform
erscheint, härter ist als die umgebende Masse, welches notwendig daraus erfolgt, daß diese Teile, indem sie sich aus der Masse separieren, eine größere Anziehungskraft gegen
sich selbst beweisen, und sich dadurch gleichsam zu kleinen Welten gebildet.
Der Porphyr aus dem Ilmenauer Ratssteinbruch gehört
gleichfalls hierher, und wie manches andre sogenannte tote Liegende, dessen Ursprung mechanisch zu erklären man
sich abgequält, wird durch eine mehr oder minder chemische Operation der Natur uns viel faßlicher werden.
Die wütenden Fluten, die man nötig gehabt, um in Kesseln
ungeheure Gebirge zu mörseln, die Strömungen, die erfordert wurden, aus unbekannten Weltgegenden Trümmer
und Geschiebe herbeizuschleppen; ja was noch schlimmer
ist, die wiederholten Wasserbedeckungen der Erde, zu denen man seine Zuflucht nahm, sind traurige Behelfe
einer verkehrten Erklärungsart.
Es ist schon ein sehr beifallswürdiger und weiterleiten der Gedanke, daß nicht allein reißende und Teile fortführende Gewässer ein Gebirg zerstören können, sondern
daß auch stille, mit chemischen Kräften versehene Flüssigkeiten sich in die Zerklüftungen der Gebirge einschleichen, das Gestein trennen, korrodieren, einer neuen Gebirgsart
ein gleichsam Fremdes, Enthaltenes bereiten und zugleich das Enthaltende hervorbringen können, so, daß am Fuße
gewisser Gebirge anderes Gebirg, aus Teilen und Stücken
der früheren neu zusammengesetzt, gar wohl ohne gewaltsame Revolution gedacht werden kann.
Gehe man nur noch einen Schritt weiter, daß jene frühere Gebirge, gleich im Werden durch irgendeine chemische
Ursache gestört, nicht in Masse solideszieren können, sondern schon halb entstanden bröcklig, in einem halb weichen
Zustande gegen- und umeinander bewegt, niedergehen und
so Gebirgsarten bilden, die uns deswegen unerklärbar sind, weil es höchst schwer, ja beinah unmöglich ist, uns einen Begriff zu bilden, der zugleich das Werden und das Sein, das Formen und Umformen, das Bestimmen und Lösen
enthalte.
Einen solchen Fall bietet im ungeheuersten die Schweizer
sogenannte Nagelfluh. Niemand weiß anzugeben, woher
das Trümmergeschiebe, woraus sie bestehen, gekommen
sein könnte. Ich habe es in früherer Zeit öfters angestaunt,
in späterer zwar wieder gesehen, aber nicht genugsam darauf gemerkt. So viel aber kann ich sagen, daß ich Stücke davon gefunden, welche dem scheinbaren toten Liegenden, den Pseudo-Breccien ähnlich sind.
Wer, dieser Vorstellungsartgünstig, jene Gegenden bereist, achte darauf, suche die Stufen und Übergänge, besonders
zerschlage er die Kiesel, welche dieser Gebirgsart den
Namen gegeben haben, und sehe, ob er irgend Beispiele der Selbständigkeit einer eignen inneren Formation an
ihnen findet.
Wenn man einmal einer Vorstellungsart zugetan ist, wenn
sie uns natürlich, angeboren ist, so muß man sie über die Grenzen hinaus verfolgen, ohne bekümmert zu sein, ob man in seine Grenzen wieder werde zurückgetrieben werden. Dies ist hier der Fall; ich werde mir gern auch den
mechanischen Ursprung eines Teils der Nagelfluh gar wohl
gefallen lassen, ob ich gleich überzeugt bin, daß ein Teil derselben gewiß chemischen Ursprungs ist.
Ich führe hier einen Fall an, der, ob er gleich innerlich von dem vorhergehenden weit entfernt hegt, doch wenigstens hier als ein Gleichnis dienen kann.
Das Vorkommen des Bolognesersteins, welcher unter den bekannten Mineralien seinesgleichen nicht hat, so daß man ihn aus tausend Stücken leicht herausfinden
wird.
Er hat sich nämlich in unregelmäßig eiförmigen Stücken,
auch oft in halbdeutlichen rosenförmigen Kristallisationen,
in einer tonigen Gebirgsart erzeugt, welche viel Schwefel
enthalten mag und, indem sie sich an der Verwitterung
aufbläht und in kleine Stücke zerfällt, Brauseton genannt
worden ist. Steigt man in einer Schlucht dieser schwarzgrauen Hügel hinauf, so treten die weißen, mit einem De-
mantglanze leuchtenden, eiförmigen Stücke des Schwerspates dem Auge ebenmäßig wie Nägel entgegen, wie ich denn in kurzer Zeit die schönsten und bedeutendsten Stücke
auf diesem Wege gesammelt habe. Sollte jemand Gelegenheit finden, jenes Gebirg näher zu untersuchen, so würde
ich raten, die zerbröckelte Oberfläche wegarbeiten zu lassen,
welche Bemühung sich wahrscheinlich durch die schönsten Schwerspateier und -Rosen belohnen würde. Käme man
aber auf das feste Gestein, so würde es höchst interessant
sein, solches zu zerschlagen, um zu sehen, ob nicht dieser reine weiße Schwerspat porphyrartig in dem Gestein enthalten sei.
Ehe ich um Entschuldigung dieser Digression bitte, will ich noch bemerken, daß wahrscheinlich der Ägyptenstein
auch einer solchen Pseudo-Breccien-Formation angehört
und wahrscheinlich uns nur deshalb isoliert bekannt ist, weil, wie bei vielen Puddingsteinen der Fall ist, das Umgebende und Enthaltende derselben sehr leicht zerfällt und
verwittert.
Wären wir nunmehr zu der eigentlichen unleugbaren Flözformation gekommen, so fehlt es uns auch keineswegs in derselben an solchen Beispielen, welche wir im obigen Sinn
porphyrartig nennen können. So gibt uns die letzte Gipsformation sehr schöne Tafeln, wo dunklere Gipskristalle
in einem helleren Grunde liegen und uns von ihrem chemischen Ursprung das entschiedenste Zeugnis geben. Bei Jena
findet sich derselbe häufig.
Nicht weniger findet sich ein Sandstein, welcher den Namen
porphyrartig gleichfalls verdient. Derselbe bricht beiLauchstädt, und man kann,wie bei jenem Karlsbader Quarzgestein,
eine stetige Reihe darstellen, wo in einem körnigen, doch gewissermaßen schiefrigen Sandstein, welcher dem Auge vollkommen gleichförmig erscheint, sich nach und nach Punkte
entwickeln, welche zugleich heller und fester sind. Diese
vergrößern sich, werden quarzartiger, fester, indes die übrige Masse immer lockerer und weicher erscheint. Kommt
diese Bildungsart auf den höchsten Punkt, so verwittert das Gestein an der Luft dergestalt, daß das Weichere, Enthaltende zerstört wird und das Festere, Enthaltene, in Form
von kleinen Kieselgeschieben, stehen bleibt, so daß man
es sonder Zweifel für ein Konglomerat angeben würde, wenn man nicht von innen heraus eines anderen belehrt wäre.
Zeitgenossen und Nachfahren
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen