Erratische Blöcke
Handschriftlich. Vor 1829
Niedersteigen der Schneelinie, des dauernden Eises, bis auf das Niveau des Genfer Sees, welcher alsdann auch einen großen Teil des Jahrs möchte zugefroren sein. Ich lasse die Gletscher durch die dahin sich ausmündenden Taler sich fort und fort heruntersenken bis an den Rand des Sees; auf diesen rutschen und schieben sich die oberwärts abgelösten Granitblöcke als einer glatten gesenkten Fläche und werden mit vorgeschoben, wie heutzutag noch geschieht; an der Fläche des Sees bleiben sie liegen, das Eis schmilzt, und wir finden sie noch heutigestags, freilich unabgerundet, weil sie ganz gelinde und keineswegs gewaltsam bis hierher gebracht worden. Taut im hohen Sommer der See auf, so trägt er wohl auch solche Massen auf sich herum nach den Seiten an das gegenseitige Ufer und legt sie nieder, wo wir sie noch finden.
Da, meine Herren, wo Sie nur Tumult anrichten und uns Nachricht von dem entsetzlichsten Getöse geben möchten, geht es bei uns andern ganz stumm und friedlich zu.
Lustig ist es wenigstens und paradox genug, lassen Sie weiter hören.
Wenn am Luzerner See das Ähnliche geschehen, so ist es nicht schwer, eben dergleichen Trümmer auf den Weg nach Küßnacht zu bringen.
Glauben Sie denn, uns von solchen Wunderlichkeiten überzeugen zu können:
Keineswegs; ich bin nur bemüht, mich selbst zu überzeugen.
Lassen Sie uns weiter hören, wie das anfangen.
Das will ich gern, denn jeder spricht auch seine Lieblingsgedanken mit Vergnügen aus. Ich verlange nun, daß zu gleicher Zeit die übrige Meeresfläche eben mit den Schweizerseen in gleicher Höhe gewesen.
Hohes Meer und große Kälte: uns wird dabei ganz polarisch zumute.
Keineswegs; ich habe eine grönländische Natur, und meine Hypothesen sind mir wie die Kleider dieser Völker knapp auf den Leib genäht.
Ich sehe nun wohl, das ist schon dagewesen, Sie bringen uns die Granitblöcke auf dem Eise von Norden her. Keineswegs; das nördliche Deutschland hatte seine Granitfelsen, aber verwitterliche, sie sind zusammengesunken und liegen im durchgespülten Sande; der Heilige Damm stammt so gut aufwärts als die norwegischen Schären, und es mag denn auch sein, daß das Eis manches von ihm abgelöst und weiter nach Süden geführt hat. Mir mache man aber nicht weis, daß die in den Oderbrüchen liegenden Gesteine, daß der Markgrafenstein bei Fürstenwalde weit hergekommen sei; an Ort und Stelle sind sie liegen geblieben, als Reste großer in sich selbst zerfallener Felsmassen.
Aber abgerundet sind sie ja doch.
Die Verwitterung rundet auch ab, das Äußere löst sie auf, den Kern muß sie unangetastet lassen. Doch will ich auch den Sukkurs von Norden her nicht verschmähen; ziehen doch wohl noch immer einmal große Eismassen durch den Sund, beladen mit Granitstücken, die sie unterwegs abgestreift und sich aufgeladen. Das sollen uns die Zolleinnehmer von Gothenburg beteuern und bestätigen, damit wir zu naturgemäßeren Begriffen uns willig entschließen möchten.
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