Im vorhergehenden war eigentlich nur von komparierter
Anatomie der Säugetiere gesprochen und von den Mitteln,
welche das Studium derselben erleichtern könnten; jetzt
aber, da wir die Erbauung des Typus unternehmen, müssen
wir uns weiter in der organischen Natur umsehen, weil wir ohne einen solchen Überblick kein allgemeines Bild der Säugetiere aufstellen könnten, und weil sich dieses Bild, wenn wir bei dessen Konstruktion die ganze Natur
zu Rate ziehen, künftighin rückwärts dergestalt modifizieren
läßt, daß auch die Bilder unvollkommener Geschöpfe daraus herzuleiten sind.
Alle einigermaßen entwickelte Geschöpfe zeigen schon am äußern Gebäude drei Hauptabteilungen. Man betrachte
die vollendeten Insekten! Ihr Körper besteht in drei Teilen,
welche verschiedene Lebensfunktionen ausüben, durch
ihre Verbindung untereinander und Wirkung aufeinander
die organische Existenz auf einer hohen Stufe darstellen. Diese drei Teile sind: das Haupt, der Mittel- und Hinterteil; die Hülfsorgane findet man unter verschiedenen Umständen an ihnen befestigt.
Das Haupt ist seinem Platze nach immer vorn, ist der Versammlungsort der abgesonderten Sinne und enthält die regierenden Sinneswerkzeuge, in einem oder mehreren
Nervenknoten, die wir Gehirn zu nennen pflegen, verbunden. Der mittlere Teil enthält die Organe des inneren Lebensantriebes und einer immer fortdauernden Bewegung
nach außen; die Organe des inneren Lebensanstoßes sind weniger bedeutend, weil bei diesen Geschöpfen jeder Teil offenbar mit einem eignen Leben begabt ist. Der hinterste Teil enthält die Organe der Nahrung und Fortpflanzung
sowie der gröberen Absonderung.
Sind nun die benannten drei Teile getrennt und oft nur durch fadenartige Röhren verbunden, so zeigt dies einen vollkommenen Zustand an. Deshalb ist der Hauptmoment
der sukzessiven Raupenverwandlung zum Insekt eine sukzessive Separation der Systeme, welche im Wurm noch
unter der allgemeinen Hülle verborgen lagen, sich teilweis
in einem unwirksamen, unausgesprochenen Zustand befanden; nun aber, da die Entwicklung geschehen ist, da
die letzten besten Kräfte für sich wirken, so ist die freie Bewegung und Tätigkeit des Geschöpfs vorhanden und
durch mannigfaltige Bestimmung und Absonderung der organischen Systeme die Fortpflanzung möglich.
Bei den vollkommenen Tieren ist das Haupt von der zweiten Abteilung mehr oder weniger entschieden abgesondert, die dritte aber durch Verlängerung; des Rückgrats mit der vordem verbunden und in eine allgemeine Decke
gehüllt; daß sie aber durch eine Scheidewand von dem
mittlern System der Brust abgeteilt sei, zeigt uns die Zergliederung.
Hülfsorgane hat das Haupt, insofern sie zur Aneignung
der Speisen nötig sind; sie zeigen sich bald als geteilte
Zangen, bald als ein mehr oder weniger verbundenes Kinnladenpaar.
Der mittlere Teil hat bei unvollkommenen Tieren sehr
vielfache Hülfsorgane, Füße, Flügel und Flügeldecken; bei den vollkommenen Tieren sind an diesem mittlern Teile auch die mittlern Hülfsorgane, Arme oder Vorderfüße,
angebracht. Der hintere Teil hat bei den Insekten in ihrem
entwickelten Zustand keine Hülfsorgane, hingegen bei vollkommenen Tieren, wo die beiden Systeme angenähert
und zusammengedrängt sind, stehen die letzten Hülfsorgane,
Füße genannt, am hinteren Ende des dritten Systemes,
und so werden wir die Säugetiere durchgängig gebildet
finden. Ihr letzter oder hinterster Teil hat mehr oder
weniger noch eine Fortsetzung, den Schwanz, die aber
eigentlich nur als eine Andeutung der Unendlichkeit organischer Existenzen angesehen werden kann.
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