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2020-02-04

J.W.v.Goethe: Über unorganische Prozesse im allgemeinen-Entstehung unorganischer Formen geo




Über unorganische Prozesse im allgemeinen-Entstehung unorganischer Formen

Handschriftlich


Das Halbgewußte hindert das Wissen. Weil alles unser Wissen nur halb ist, so hindert unser Wissen immer das Wissen. 
Vom Materiellen, vom Körperlichen wird gesprochen, insofern wir es als unorganisch betrachten. 
Alles Materielle kommt uns formlos vor, wenn war unaufmerksam sind. 
Aber es hat eine unwiderstehliche Neigung, sich zu gestalten. 
Das Materielle, Körperliche läßt sich vor der Gestaltung in einem dreifachen Zustand denken. 
In einem freien gedrängten, gehäuften. 
Ist freie ist die Auflösung. 
Der gedrängte das Aufgelöste, verdichtet vor seiner Erstarrung. 
Der gehäufte, wenn das Erstarrte einzeln teilweise sich berührt, ohne ineinander zugreifen. 
Aus diesen drei Zuständen strebt das Materielle zur Form. Der Formen betrachten wir zuerst dreie. Die allgemeinste, wenn das Materielle seine eigentümliche Form verleugnet und sich der allgemeinsten Bestimmung unterwirft. Dann entsteht die runde Form. 
Die allgemeine, wenn das Materielle, seine eigentümliche Form verleugnend, sich den Gesetzen unterwirft, welche allen unorganischen Massen vorgeschrieben sind. Die besondere Form, wenn das Materielle seinen speziellen Gesetzen folgt. 
Um die allgemeinste und die besondere Form annehmen zu können, muß das Materielle in völligster Freiheit sein. Niemand leugnets. Alles Tropfbare, vom Geistigsten bis zum Quecksilber und den geschmolzenen Metallen, nehmen eine runde Form an.
Kristallation, das heißt Erscheinung in seiner besondern Form, setzt gleichfalls Freiheit voraus.
Hier haben wir nun von der mittleren zu reden, die zwar auch anerkannt, aber nicht genug beherzigt und nicht gehörig genug angewendet ist. 
Wir sagen also: es gibt ein allgemeines Gesetz, nach welchem alle materielle Massen sich gestalten, und dieses Gesetz offenbaren uns die Gebirge, und wer es kennt, dem sind sie offenbar. 
Gestaltung einer Masse setzt nicht allein voraus, daß sie sich in Teile trenne, sondern daß sie auf eine entschiedene Weise in unterscheidbare, untereinander ähnliche Teile sich trenne. 
Das Unorganische ist die geometrische Grundlage der Welt. Die geometrischen meßbaren Formen sind ihr Anteil. Keine Frage bei der eigentlich sogenannten Kristallisation. 
Aber auch bei Gestaltung der Massen: Kubus, Parallelepiped, Rhomboid, Pyramide, Keil liegt um das her, und alles, was nicht verwittert ist, zeigt solche Gestalten scharf und entschieden.


Zeitgenossen und Nachfahren


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