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2020-03-20

J.W.v.Goethe: Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung.....VII. Was bei Beschreibung der...




VII. Was bei Beschreibung der einzelnen Knochen vorläufig zu bemerken sei


Beantwortung zweier Fragen ist notwendig: 
I. Finden wir die im Typus aufgestellten Knochenabteilungen in allen Tieren? 
II Wann erkennen wir, daß es dieselben seien? Hindernisse: 
Die Knochenbildung ist unbeständig: 
a. in ihrer Ausbreitung oder Einschränkung;
b. in dem Verwachsen der Knochen; 
c. in den Grenzen der Knochen gegen die Nachbaren; 
d. in der Zahl; 
e. in der Größe; 
f. in der Form. 
Die Form ist: 
einfach oder ausgebildet, zusammengedrängt oder entwickelt; bloß notdürftig oder überflüssig begabt; vollkommen und isoliert oder zusammen verwachsen und verringert. 
Vorteile: 
Die Knochenbildung ist beständig: 
a. daß der Knochen immer an seinem Platze steht; 
b. daß er immer dieselbe Bestimmung hat. Die erste Frage läßt sich also nur unter der Hinsicht auf die Hindernisse und unter den angezeigten Bedingungen mit Ja beantworten.

Die zweite Frage können wir auflösen, wenn wir uns der eben genannten Vorteile bedienen. Und zwar werden wir dabei folgendermaßen zu Werke gehen: 
1) Werden wir den Knochen an seinem Platze aufsuchen; 
2) nach dem Platze, den er in der Organisation einnimmt, seine Bestimmung kennen lernen; 
3) die Form, die er nach seiner Bestimmung haben kann und im allgemeinen haben muß, determinieren; 
4) die mögliche Abweichung der Form teils aus dem Begriff, teils aus der Erfahrung herleiten und abstrahieren;
5) und bei jedem Knochen diese Abweichungen in einer gewissen anschaulichen Ordnung möglichst vortragen. Und so können wir hoffen, wenn sie sich unserm Blick entziehen, sie aufzufinden, ihre verschiedensten Bildungen unter einen Hauptbegriff zu bringen und auf diese Art die Vergleichung zu erleichtern.

A. Verschiedenheit der Einschränkung und Ausbreitung des ganzen Knochensystems

Wir haben schon den osteologischen Typus im ganzen dargestellt und die Ordnung festgesetzt, nach welcher wir seine Teile durchgehen wollen. Ehe wir nun aber zum Besonderen schreiten, ehe wir es wagen, die Eigenschaften auszusprechen, welche jedem Knochen im allgemeinsten Sinne zukommen, dürfen wir uns die Hindernisse nicht verbergen, welche unseren Bemühungen entgegenstehen könnten. 

Indem wir jenen Typus aufstellen als eine allgemeine Norm, wonach wir die Knochen der sämtlichen Säugetiere zu beschreiben und zu beurteilen denken, setzen wir in der Natur eine gewisse Konsequenz voraus: wir trauen ihr zu, daß sie in allen einzelnen Fällen nach einer gewissen Regel verfahren werde. Auch können wir darinnen nicht irren. Schon oben sprachen wir unsre Überzeugung aus, in der uns jeder flüchtige Blick auf das Tierreich bestärkt: daß ein gewisses allgemeines Bild allen diesen einzelnen Gestalten zugrunde liege. 

Allein die lebendige Natur könnte dieses einfache Bild nicht in das Unendliche vermannigfaltigen, wenn sie nicht einen großen Spielraum hätte, in welchem sie sich bewegen kann, ohne aus den Schranken ihres Gesetzes herauszutreten. Wir wollen also zuerst zu bemerken suchen, worin die Natur bei Bildung der einzelnen Knochen sich unbeständig zeigt, sodann worin sie sich beständig erweist, und es wird uns möglich sein, auf diesem Wege die allgemeinen Begriffe festzusetzen, nach welchen jeder einzelne Knochen durch das ganze Tierreich zu finden ist. 

Die Natur ist unbeständig in der Ausbreitung und Einschränkung des Knochensystems. 

Das Knochengebäude kann als Teil eines organischen Ganzen nicht isoliert betrachtet werden. Es steht mit allen übrigen Teilen, den halbharten und weichen, in Verbindung. Die übrigen Teile sind mehr oder weniger mit dem Knochensystem verwandt und fähig, in den festen Zustand überzugehen. 

Wir sehen dieses deutlich bei der Erzeugung der Knochen, vor und nach der Geburt eines wachsenden Tieres, wo die Membranen, Knorpel und nach und nach die Knochen massen gebildet werden; wir sehen es bei alten Personen, im kranken Zustande, wo mehrere Teile, welche die Natur nicht mit zum Knochensystem bestimmt hat, verknöchern und zu demselben hinübergezogen werden und dasselbe dadurch gleichsam ausgebreitet wird. 

Ebendieses Verfahren hat sich die Natur vorbehalten, bei Bildung der Tiere hie und da anzuwenden und die Knochenmasse dorthin zu bringen, wo bei anderen nur Sehnen und Muskeln sich befinden. So hängt z, B. bei einigen Tieren (bis jetzt ist es mir vom Pferd und Hund bekannt) mit dem Knorpel des Processus styloideus ossis temporum ein länglicher, flacher, fast wie eine kleine Rippe gestalteter Knochen zusammen, dessen weitere Bestimmung und Verbindung aufzusuchen ist. So ist bekannt, daß z. B. der Bär, einige Fledermäuse einen Knochen in der männlichen Rute haben, und es werden sich solcher Fälle noch mehrere finden. 

Es scheint aber auch im Gegenteile die Natur ihr Knochensystem manchmal einzuschränken und hie und da etwas fehlen zu lassen, wie z. B. das Schlüsselbein mehreren Tieren völlig abgeht. 

Es drängen sich uns bei dieser Gelegenheit mehrere Betrachtungen auf, bei denen aber hier zu verweilen außer der Zeit sein würde, z. B. wie der Verknöcherung gewisse Grenzen gesetzt sind, welche sie nicht überschreitet, ob man gleich nicht bemerken kann, was sie zurückhält. Ein auffallendes Beispiel zeigt sich an den Knochen, Knorpeln und Membranen des Schlundes. 

So wird es uns, von nur einen Seitenblick in die weite Natur zu tun, künftig merkwürdig werden, wenn wir sehen, wie bei Fischen und Amphibien sich oft große Knochenmassen auf die Haut werfen und, wie wir bei der Schildkröte wahrnehmen, die äußeren, gewöhnlich weichen und zarten Teile in einen harten und starren Zustand übergehen. Doch müssen wir uns vorerst in unseren engen Kreis einschließen und nur das nicht außer acht lassen, was oben angezeigt worden, daß nämlich flüssige, weiche und ganz harte Teile in einem organischen Körper als eins angesehen werden müssen und daß es der Natur freistehe, bald da-, bald dorthin zu wirken.

B. Verschiedenheit des Verwachsens


Wenn wir jene Knochenabteilungen bei verschiedenen Tieren aufsuchen, so finden wir, daß sie nicht überall dieselbigen zu sein scheinen, sondern daß sie manchmal zusammen verwachsen, manchmal voneinander getrennt in verschiedenen Gattungen und Arten, ja sogar in verschiedenen Individuen derselben Art, besonders auch von verschiedenen Altern dieser Individuen gefunden werden, ohne daß man eben sogleich eine Ursache dieser Mannigfaltigkeit anzugeben wüßte. 

Es ist dieser Punkt, soviel mir bewußt ist, noch niemals recht durchgearbeitet worden, und es sind daher die Diffrenzen bei Beschreibung des menschlichen Körpers entstanden, wo sie zwar, wenn sie auch nicht förderlich sind, dennoch wegen der Beschränktheit des Gegenstandes allenfalls nicht hinderlich sein mögen. 

Wollen wir nun aber unsere osteologischen Kenntnisse über die sämtlichen Säugetiere ausbreiten, wollen wir dabei so zu Werke gehen, daß wir durch unsere Methode selbst den anderen Tierklassen, den Amphibien und Vögeln, uns nähern, ja zuletzt an eben dem Faden uns durch die ganze Reihe der organischen Körper durchfinden können, so müssen wir freilich anders zu Werke gehen und, wie das alte Sprüchwort sagt, um gut zu lehren, gut unterscheiden. 

Es ist bekannt, daß schon beim menschlichen Fötus und bei einem neugebornen Kinde sich mehrere Knochenabteilungen finden als bei einem Halberwachsenen, und bei diesem wieder mehr als bei einem ausgewachsenen oder veralteten Menschen. 

Wie empirisch man aber zu Werke gegangen, um die menschlichen Knochen, besonders die Knochen des Kopfes , zu beschreiben, würde auffallender sein, wenn uns nicht die Gewohnheit diese fehlerhafte Methode erträglich gemacht hätte. Man versucht nämlich in einem gewissen, nicht ganz bestimmten Alter durch mechanische Hülfsmittel den Kopf auseinander zu treiben, und was sich als- dann separiert, nimmt man als Teile an, die nun, wie sie sich zusammen befinden, als ein Ganzes beschrieben werden. 

Es scheint sehr sonderbar, daß man bei anderen Systemen, z.B. bei den Muskeln, Nerven, Gefäßen, bis auf die kleinsten Abteilungen vorgedrungen ist und bei dem Knochengebäude sich mit einem oberflächlichen Begriff teils lange befriedigt hat, teils noch befriedigt. Was ist z. B. der Idee sowohl als der Bestimmung des Os temporium und des Os petrosum mehr zuwider, als wenn man beide zusammen beschreibt, und doch ist es lange geschehen, da uns doch die vergleichende Knochenlehre zeigen wird, daß wir, um einen deutlichen Begriff von der Bildung des Gehörorgans zu erhalten, nicht allein das Os petrosum ganz abgesondert vom Os temporum betrachten, sondern jenes sogar in zwei verschiedene Teile teilen müssen. 

Werden wir nun in der Folge sehen, daß diese verschiedenen Verwachsungen der Knochen, wo nicht zufälligen (denn im organischen Körper kann nichts zufällig sein), doch solchen Gesetzen unterworfen sind, die nicht leicht zu erkennen oder, wenn man sie erkannt hat, nicht leicht anzuwenden sind, so bleibt uns wohl nichts übrig, als, da wir durch die Ausarbeitung jenes Typus nun dazu gelangen, alle mögliche Knochenabteilungen zu kennen, nunmehr bei Untersuchung der Skelette einer jeglichen Gattung, Art und sogar der Individuen bei unserer Beschreibung anzugeben, welche Abteilungen verwachsen, welche noch bemerkbar und welche trennbar sind. Wir erhalten dadurch den großen Vorteil, daß wir die Teile auch alsdann noch erkennen, wenn sie uns selbst keine sichtbaren Zeichen ihrer Absonderungen mehr geben, daß uns das ganze Tierreich unter einem einzigen großen Bilde erscheint und daß wir nicht etwa glauben: was in einer Art, ja was in einem Individuum verborgen ist, müsse demselben fehlen. Wir lernen mit Augen des Geistes sehen, ohne die wir, wie überall, so besonders auch in der Naturforschung blind umhertasten. 

So gut wir z. B. wissen, daß beim Fötus das Hinterhauptbein aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist und uns diese Kenntnis die Bildung des vollkommen zusammengewachsenen Hinterhauptbeines begreifen und erklären hilft, so wird uns auch die Erfahrung die bei manchen Tieren noch deutlichen Knochenabteilungen und die oft seltsame, schwer zu begreifende und selbst schwer zu beschreibende Form desselbigen Knochens an andern Tieren und vorzüglich am Menschen erläutern; ja wir werden, wie oben schon bemerkt worden, um die schon sehr komplizierte Bildung der Säugetiere zu erklären, weiter hinabsteigen und selbst von den Amphibien, von den Fischen und weiter hinab uns Hülfsmittel zu unserer Einsicht zu verschaffen haben. Ein merkwürdiges und auffallendes Beispiel wird die untere Kinnlade geben.

C. Verschiedenheit der Grenzen 

Noch ein anderer, obgleich seltener Fall macht uns einige Hindernisse bei Aufsuchung und Anerkennung der einzelnen Knochen. Wir finden nämlich, daß sie manchmal andere Grenzen zu haben und andere Nachbaren als gewöhnlich zu berühren scheinen. So reicht z. B. der Seitenfortsatz des Zwischenkieferknochens beim Katzengeschlecht bis an den Stirnknochen hinauf und trennt die obere Kinnlade von dem Nasenknochen. 

Dagegen wird beim Ochsen die Maxilla superior vom Nasenbeine durchs Tränenbein getrennt. 

Beim Affen verbinden sich die Ossa bregmatis mit dem Osse sphenoideo und trennen das Os frontis temporum voneinander. 

Diese Fälle sind genauer mit ihren Umständen zu untersuchen; denn sie können nur scheinbar sein, und zwar auf eine bei Beschreibung der Knochen näher anzugebende Weise. 

D. Verschiedenheit der Zahl 

Daß die äußersten Glieder der Extremitäten auch in der Zahl verschieden sind, ist bekannt, und es folgt, daß die Knochen, welche diesen Gliedern zum Grunde liegen, gleichfalls der Zahl nach verschieden sein müssen; so finden wir die Knochenzahl der Hand- und Fußwurzel, der Mittelhand und des Mittelfußes, ebenso wie die Zahl der Fingerglieder, bald mehr, bald minder, und zwar dergestalt, daß, wie die einen sich vermindern, die andern auch weniger werden müssen, wie bei der einzelnen Betrachtung dieser Teile gezeigt wird. 

Ebenso vermindert sich die Zahl der Wirbelknochen, sowohl des Rückens, der Lenden, des Beckens als des Schwanzes; so auch die Zahl der Rippen, der wirbelförmig oder flach gestalteten Teile des Sternum; so vermindert oder vermehrt sich die Anzahl der Zähne, durch welchen letzten Unterschied sehr große Diversität in den Bau des Körpers gebracht zu sein scheint. 

Doch macht uns die Beobachtung, welche die Zahl betrifft, die wenigste Mühe, weil sie die leichteste von allen ist und uns, wenn wir genau sind, nicht leicht mehr überraschen kann. E. Verschiedenheit der Größe Da die Tiere voneinander an Größe sehr verschieden sind, so müssen es auch ihre Knochenteile sein. Diese Verhältnisse sind dem Maß unterworfen, und sind die Messungen hier brauchbar, welche von mehreren Anatomen, besonders von Daubenton, gemacht worden. Wären diese Knochenteile nicht auch oft in ihrer Form verschieden, wie wir im folgenden sehen werden, so würde uns der Unterschied der Größe wenig irremachen, weil z. B. ein Femur des größeren Tieres mit dem des kleinsten leicht zu vergleichen ist. 

Bei dieser Gelegenheit ist eine Bemerkung zu machen, welche in das Allgemeine der Naturgeschichte eingreift. Es entsteht nämlich die Frage, ob Größe auf Bildung, auf Form Einfluß habe, und inwiefern. 

Wir wissen, daß alle sehr große Tiere zugleich unförmlich sind, daß nämlich entweder die Masse über die Form zu herrschen scheint, oder daß das Maß der Glieder gegeneinander kein glückliches Verhältnis habe. 

Dem ersten Anblick nach sollte man denken, es müsse ebenso möglich sein, daß ein Löwe von zwanzig Fuß entstehen könnte als ein Elefant von dieser Größe und daß sich derselbe so leicht müsse bewegen können als die jetzt auf der Erde befindlichen Löwen, wenn alles verhältnismäßig proportioniert wäre; allein die Erfahrung lehrt uns, daß vollkommen ausgebildete Säugetiere über eine gewisse Größe nicht hinausschreiten und daß daher bei zunehmender Größe auch die Bildung anfange zu wanken und Ungeheuer auftreten. Selbst am Menschen will man behaupten, daß übermäßig großen Individuen etwas an Geiste abgehe, daß kleine hingegen ihn lebhafter zeigen. Man hat ferner die Bemerkung gemacht, daß ein Gesicht im Hohlspiegel, sehr vergrößert gesehen, geistlos aussehe. Eben als wenn auch in der Erscheinung nur die körperliche Masse, nicht aber die Kraft des belebenden Geistes hier vergrößert werden könnte. 

F. Verschiedenheit der Form 

Es tritt nun aber die größte Schwierigkeit ein, welche daher entspringt, daß auch die Knochen verschiedener Tiere einander in der Form höchst unähnlich sind. Daher gerät der Beobachter, mag er ganze Skelette vor sich haben oder nur einzelne Teile, gar oft in Verlegenheit. Findet er die Teile außer dem Zusammenhange, so weiß er oft nicht, wofür er sie erklären soll; hat er sie aber auch erkannt, so weiß er nicht, wie er sie beschreiben, und insonderheit, wie er sie vergleichen kann, da ihm bei völliger Verschiedenheit der äußeren Bildung das Terthium comparationis zu mangeln scheint. Wer würde z. B. den Oberarm eines Maulwurfs und des Hasens für ebendenselben Teil verwandter organischer Wesen halten? Von den Arten jedoch, wie gleiche Glieder verschiedener Tiere in der Form so sehr voneinander abweichen können und die uns erst bei der Ausführung ganz deutlich werden dürften, wollen wir uns vorerst folgende vorzüglich merken. Bei dem einen Tiere kann der Knochen einfach sein und nur gleichsam das Rudiment dieses Organes vorstellen, bei andern hingegen derselbe Knochen in seiner völligen Ausbildung und in seiner möglichen Vollkommenheit sich finden. So ist z. B, der Zwischenknochen des Rehes von dem Zwischenknochen des Löwen so unterschieden, daß beim ersten Anblick keine Vergleichung stattzuhaben scheint. 

So kann ein Knochen zwar in einem gewissen Sinne ausgebildet, aber durch die übrige Bildung zusammengedrängt und mißgestaltet sein, daß man gleichfalls kaum wagen würde, ihn für denselbigen Knochen zu erkennen. In diesem Fall sind die Ossa bregmatis der Hörner und Geweihe tragenden Tiere gegen die Ossa bregmatis des Menschen, der Zwischenknochen des Walrosses gegen den irgendeines Raubtieres. 

Ferner: aller Knochen, der bloß notdürftig seine Bestimmung erfüllt, hat auch eine bestimmtere und kenntlichere Form als derselbe Knochen, der mehr Knochenmasse zu haben scheint, als er zu ebendieser Bestimmung braucht; daher er seine Gestalt auf eine sonderbare Weise verändert, besonders aber aufgebläht wird. So machen ungeheure Sinuositäten die Flächenknochen beim Ochsen und Schweine völlig unkenntlich, dahingegen dieselben bei den Katzenarten außerordentlich schön und deutlich gefunden werden. 

Noch eine Art, wodurch ein Knochen sich unseren Augen beinahe völlig verlieren kann, ist, wenn er mit einem Nachbar zusammenwächst, und zwar dergestalt, daß wegen besonderer Umstände der Nachbar mehr Knochenmaterie braucht, als ihm bei einer regelmäßigen Bildung bestimmt wäre. Dadurch wird dem andern verwachsenen Knochen so viel entzogen, daß er sich fast gänzlich verzehrt. So verwachsen die sieben Halswirbelknochen des Walfisches miteinander, und zwar dergestalt, daß man fast nur den Atlas mit einem Anhange zu sehen glaubt. 

Dagegen ist das Beständigste der Platz, in welchem der Knochen jedesmal gefunden wird, und die Bestimmung, wozu er sich in einem organischen Gebäude bequemt. Wir werden daher bei unserer Ausarbeitung den Knochen jederzeit zuerst an seinem Platze aufsuchen und finden, daß er auf demselben, wenn auch verschoben, gedrückt und verrückt, gefunden wird, manchmal auch zu großer Ausdehnung gelangt. Wir wollen sehen, was er dem Platze nach, den er in der Organisation einnimmt, für einer Bestimmung dienen muß. Es wird sich hieraus erkennen lassen, was er nach seiner Bestimmung für eine Form haben müsse, von der er wenigstens im allgemeinen nicht abweichen kann. 

Man wird alsdann die möglichen Abweichungen dieser Form teils aus dem Begriff, teils aus der Erfahrung herleiten und abstrahieren können. Man wird bei jedem Knochen versuchen, die Abweichungen, in denen er sich zeigt, in einer gewissen anschaulichen Ordnung vorzutragen, dergestalt, daß man sich vom Einfachen zum Vielfachen und Ausgebildeten oder umgekehrt eine Reihe darlegt, je nachdem die besonderen Umstände der Deutlichkeit am günstigsten scheinen. Man sieht leicht ein, wie wünschenswert vollständige Monographieen einzelner Knochen durch die ganze Klasse der Säugetiere wären, so wie wir oben vollständigere und genauere Beschreibung mit Rücksicht auf den auszubildenden Typus gewünscht haben. 

Bei gegenwärtiger Bemühung werden wir versuchen, ob nicht ein Vereinigungspunkt sei, um welchen wir die gemachten und noch zu machenden Erfahrungen über diesen Gegenstand in einen übersehbaren Kreis vereinigen können.

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