Ob nun aber diese Vorstellungsart dem zu behandelnden
Gegenstande völlig gemäß sei, kann nur dann erst geprüft
und entschieden werden, wenn durch umsichtige Anatomie
die Teile der Tiere gesondert und wieder miteinander
verglichen worden. Auch die Methode, nach welcher wir nunmehr die Ordnung der Teile betrachten, wird künftig
erst durch Erfahrung und Gelingen gerechtfertiget.
Das Knochengebäude ist das deutliche Gerüst aller Gestalten. Einmal wohl erkannt, erleichtert es die Erkenntnis aller übrigen Teile. Hier sollte nun freilich, ehe wir weitergehen, manches besprochen werden, z. B. wie es mit der Osteologie des Menschen gegangen. Auch sollte man partes proprias et improprias einiges verhandeln;
doch ist uns diesmal nur gegönnt, lakonisch und aphoristisch zu verfahren.
Ohne Widerrede zu befürchten, dürfen wir vorerst behaupten, daß die Einteilung des menschlichen Knochengebäudes bloß zufällig entstanden; daher man denn bei Beschreibungen bald mehr, bald weniger Knochen annahm, auch
jeder sie nach Belieben und eigner Ordnung beschrieb. Wie es ferner nach so vielfältigen Bemühungen um die Knochenlehre des Säugetieres überhaupt aussehe, wäre
sorgfältig auszumitteln, wobei denn Campers Urteil über
die wichtigsten Schriften der vergleichenden Osteologie
jeder Prüfung und Benutzung zustatten käme.
Im ganzen wird man sich auch bei der allgemeinen vergleichenden Osteologie überzeugen, daß sie eben aus Mangel eines ersten Vorbildes und dessen genau bestimmter
Abteilung in große Verworrenheit geraten sei; Volcher,
Coiter, Duverney, Daubenton und andere sind nicht frei von Verwechselung der Teile: ein Fehler, der beim Beginnen jeder Wissenschaft unvermeidlich, bei dieser aber
sehr verzeihlich ist.
Gewisse beschränkende Meinungen setzten sich fest, man
wollte z. B. dem Menschen seinen Zwischenknochen abstreiten. Was man dabei zu gewinnen glaubte, war wunderlich genug: hier sollte das Unterscheidungszeichen zwischen
uns und dem Affen sein. Dagegen bemerkte man nicht,
daß man durch indirekte Leugnung des Typus die schönste
Aussicht verlor.
Ferner behauptete man eine Zeitlang: der Eckzahn des
Elefanten stehe im Zwischenknochen, da er doch unabänderlich der obern Kinnlade angehört und ein genauer
Beobachter gar wohl bemerken kann, daß von der obern
Kinnlade sich eine Lamelle um den ungeheuren Zahn
herumschlingt und die Natur keineswegs duldet, daß hier etwas gegen Gesetz und Ordnung geschehe.
Wenn wir nun ausgesprochen, daß der Mensch nicht könne
fürs Tier, das Tier nicht für den Menschen als Typus aufgestellt werden, so müssen wir nunmehr das Dritte, was
sich zwischen beide hineinsetzt, ungesäumt hinstellen und
die Ursache unsers Verfahrens nach und nach zur Sprache
bringen.
Notwendig ist es daher, alle Knochenabteilungen, welche
nur »vorkommen können, aufzusuchen und zu bemerken; hiezu gelangen wir durch Betrachtung der verschiedensten Tierarten, ja durch Untersuchung des Fötus.
Wir nehmen das vierfüßige Tier, wie es vor uns steht und das Haupt vorreckt, von vorn nach hinten und bauen
erst den Schädel, dann das übrige zusammen; die Begriffe,
Gedanken, Erfahrungen, die uns hiebei leiteten, sprechen
wir zum Teil aus, wir lassen sie vermuten und teilen sie in der Folge mit—ohne weiteres also zur Darlegung des
ersten allgemeinsten Schema!
Tagebücher und Jahreshefte
Testamente, Reden, Persönlichkeiten
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