Bilder so wie Leidenschaften
Mögen gern am Liede haften.
Alexis und Dora
Ach! unaufhaltsam strebet das Schiff mit jedem
Momente
Durch die schäumende Flut weiter und weiter hinaus!
Langhin furcht sich die Geleise des Kiels, worin die
Delphine
Springend folgen, als flöh ihnen die Beute davon.
Alles deutet auf glückliche Fahrt: der ruhige
Bootsmann
Ruckt am Segel gelind, das sich für alle bemüht;
Vorwärts dringt der Schiffenden Geist, wie Flaggen
und Wimpel;
Einer nur steht rückwärts traurig gewendet am Mast,
Sieht die Berge schon blau, die scheidenden, sieht in
das Meer sie
Niedersinken, es sinkt jegliche Freude vor ihm.
Auch dir ist es verschwunden, das Schiff, das deinen
Alexis,
Dir, o Dora, den Freund, ach! dir den Bräutigam
raubt.
Auch du blickest vergebens nach mir. Noch schlagen
die Herzen
Für einander, doch ach! nun an einander nicht mehr.
Einziger Augenblick, in welchem ich lebte! du
wiegest
Alle Tage, die sonst kalt mir verschwindenden, auf.
Ach, nur im Augenblick, im letzten, stieg mir ein
Leben
Unvermutet in dir, wie von den Göttern, herab.
Nur umsonst verklärst du mit deinem Lichte den
Ach, nur im Augenblick, im letzten, stieg mir ein
Leben
Unvermutet in dir, wie von den Göttern, herab.
Nur umsonst verklärst du mit deinem Lichte den
Äther;
Dein alleuchtender Tag, Phöbus, mir ist er verhaßt.
In mich selber kehr ich zurück; da will ich im stillen
Wiederholen die Zeit, als sie mir täglich erschien.
War es möglich, die Schönheit zu sehn und nicht zu
empfinden?
Wirkte der himmlische Reiz nicht auf dein stumpfes
Gemüt?
Klage dich, Armer, nicht an! - So legt der Dichter ein
Rätsel,
Künstlich mit Worten verschränkt, oft der
Versammlung ins Ohr.
Jeden freuet die seltne, der zierlichen Bilder
Verknüpfung,
Aber noch fehlet das Wort, das die Bedeutung
verwahrt.
Ist es endlich entdeckt, dann heitert sich jedes Gemüt
auf
Und erblickt im Gedicht doppelt erfreulichen Sinn.
Und erblickt im Gedicht doppelt erfreulichen Sinn.
Ach, warum so spät, o Amor, nahmst du die Binde,
Die du ums Aug mir geknüpft, nahmst sie zu spät mir
hinweg!
Lange schon harrte befrachtet das Schiff auf günstige
Lüfte;
Endlich strebte der Wind glücklich vom Ufer ins
Meer.
Leere Zeiten der Jugend! und leere Träume der
Zukunft!
Ihr verschwindet, es bleibt einzig die Stunde mir nur.
Ja, sie bleibt, es bleibt mir das Glück! ich halte dich,
Dora!
Und die Hoffnung zeigt, Dora, dein Bild mir allein.
Öfter sah ich zum Tempel dich gehn, geschmückt und
gesittet,
Und das Mütterchen ging feierlich neben dir her.
Eilig warst du und frisch, zu Markte die Früchte zu
tragen;
Und vom Brunnen, wie kühn! wiegte dein Haupt das
Gefäß.
Da erschien dein Hals, erschien dein Nacken vor
allen,
Und vor allen erschien deiner Bewegungen Maß.
Oftmals hab ich gesorgt, es möchte der Krug dir
entstürzen;
Doch er hielt sich stet auf dem geringelten Tuch.
Schöne Nachbarin, ja, so war ich gewohnt, dich zu
sehen,
Wie man die Sterne sieht, wie man den Mond sich
beschaut,
Sich an ihnen erfreut und innen im ruhigen Busen
Nicht der entfernteste Wunsch, sie zu besitzen, sich
regt.
Jahre, so gingt ihr dahin! Nur zwanzig Schritte
getrennet
Waren die Häuser, und nie hab ich die Schwelle
berührt.
Und nun trennt uns die gräßliche Flut! Du lügst nur
den Himmel,
Welle! dein herrliches Blau ist mir die Farbe der
Nacht.
Alles rührte sich schon; da kam ein Knabe gelaufen
An mein väterlich Haus, rief mich zum Strande hinab.
»Schon erhebt sich das Segel, es flattert im Winde«,
so sprach er;
»Und gelichtet mit Kraft, trenne sich der Anker vom
Sand.
Komm, Alexis, o komm !« Da drückte der wackere
Vater
Würdig die segnende Hand mir auf das lockige
Haupt;
Sorglich reichte die Mutter ein nachbereitetes Bündel:
»Glücklich kehre zurück!« riefen sie, »glücklich und
reich!«
Und so sprang ich hinweg, das Bündelchen unter dem
Arme,
An der Mauer hinab, fand an der Türe dich stehn
Deines Gartens. Du lächeltest mir und sagtest:
»Alexis
Sind die Lärmenden dort deine Gesellen der Fahrt?
Fremde Küsten besuchest du nun, und köstliche
Waren
Handelst du ein, und Schmuck reichen Matronen der
Stadt.
Aber bringe mir auch ein leichtes Kettchen; ich will
es
Dankbar zahlen: so oft hab ich die Zierde
gewünscht!«
Stehen war ich geblieben und fragte, nach Weise des
Kaufmanns,
Erst nach Form und Gewicht deiner Bestellung genau.
Gar bescheiden erwogst du den Preis! da blickt ich
indessen
Nach dem Halse, des Schmucks unserer Königin
wert.
Heftiger tönte vom Schiff das Geschrei; da sagtest du
freundlich:
»Nimm aus dem arten noch einige Früchte mit dir!
Nimm die reifsten Orangen, die weißen Feigen; das
Meer bringt
Keine Früchte, sie bringt jegliches Land nicht
hervor.«
Und so trat ich herein. Du brachst nun die Früchte
geschäftig,
Und die goldene Last zog das geschürzte Gewand.
Öfters bat ich: es sei nun genug! und immer noch eine
Schönere Frucht fiel dir, leise berührt, in die Hand.
Endlich kamst du zur Laube hinan; da fand sich ein
Körbchen,
Und die Myrte bog blühend sich über uns hin.
Schweigend begannest du nun geschickt die Früchte
zu ordnen:
Erst die Orange, die schwer ruht als ein goldener Ball,
Dann die weichliche Feige, die jeder Druck schon
entstellet;
Und mit Myrte bedeckt ward und geziert das
Geschenk.
Aber ich hob es nicht auf; ich stand. Wir sahen
einander
In die Augen, und mir ward vor dem Auge so trüb.
Deinen Busen fühlt ich an meinem! Den herrlichen
Nacken,
Ihn umschlang nun mein Arm; tausendmal küßt ich
den Hals;
Mir sank über die Schulter dein Haupt; nun knüpften
auch deine
Lieblichen Arme das Band um den Beglückten herum.
Amors Hände fühlt ich: er drückt uns gewaltig
zusammen,
Und aus heiterer Luft donnert' es dreimal. Da floß
Häufig die Träne vom Aug mir herab, du weintest, ich
weinte,
Und vor Jammer und Glück schien uns die Welt zu
vergehn.
Immer heftiger rief es am Strand; da wollten die Füße
Mich nicht tragen, ich rief: »Dora! und bist du nicht
mein?«
»Ewig!« sagtest du leise. Da schienen unsere
«
Tränen,
Wie durch göttliche Luft, leise vom Auge gehaucht.
Näher rief es: »Alexis!« Da blickte der suchende
Knabe
Durch die Türe herein. Wie er das Körbchen empfing!
Wie er mich trieb! Wie ich dir die Hand noch
drückte! - Zu Schiffe
Wie ich gekommen? Ich weiß daß ich ein Trunkener
schien.
Und so hielten mich auch die Gesellen, schonten den
Kranken;
Und schon deckte der Hauch trüber Entfernung die
Stadt.
»Ewig!« Dora, lispeltest du; mir schallt es im Ohre
Mit dem Donner des Zeus! Stand sie doch neben dem
Thron,
Seine Tochter, die Göttin der Liebe; die Grazien
standen
Ihr zur Seiten! Er ist götterbekräftigt, der Bund!
O so eile denn, Schiff, mit allen günstigen Winden!
Strebe, mächtiger Kiel, trenne die schäumende Flut!
Bringe dem fremden Hafen mich zu, damit mir der
Goldschmied
In der Werkstatt gleich ordne das himmlische Pfand.
Wahrlich! zur Kette soll das Kettchen werden, o
Dora!
Neunmal umgebe sie dir, locker gewunden, den Hals!
Ferner schaff ich noch Schmuck, den
mannigfaltigsten; goldne
Spangen sollen dir auch reichlich verzieren die Hand:
Da wetteifre Rubin und Smaragd, der liebliche Saphir
Stelle dem Hyazinth sich gegenüber, und Gold
Halte das Edelgestein in schöner Verbindung
zusammen.
Oh, wie den Bräutigam freut, einzig zu schmücken
die Braut!
Seh ich Perlen, so denk ich an dich; bei jeglichem
Ringe
Kommt mir der länglichen Hand schönes Gebild in
den Sinn.
Tauschen will ich und kaufen; du sollst das Schönste
von allem
Wählen; ich widmete gern alle die Ladung nur dir.
Doch nicht Schmuck und Juwelen allein verschafft
dein Geliebter:
Was ein häusliches Weib freuet, das bringt er dir
auch.
Feine wollene Decken mit Purpursäumen, ein Lager
Zu bereiten, das uns traulich und weichlich empfängt;
Köstlicher Leinwand Stücke. Du sitzest und nähest
und kleidest
Mich und dich und auch wohl noch ein Drittes darein.
Bilder der Hoffnung, täuschet mein Herz! O mäßiget,
Götter,
Diesen gewaltigen Brand, der mir den Busen
durchtobt!
Aber auch sie verlang ich zurück, die schmerzliche
Freude,
Wenn die Sorge sich kalt, gräßlich gelassen, mir naht.
Nicht der Erinnyen Fackel, das Bellen der höllischen
Hunde
Schreckt den Verbrecher so in der Verzweiflung
Gefild,
Als das gelaßne Gespenst mich schreckt, das die
Schöne von fern mir
Zeiget: die Türe steht wirklich des Gartens noch auf!
Und ein anderer kommt! Für ihn auch fallen die
Früchte!
Und die Feige gewährt stärkenden Honig auch ihm!
Lockt sie auch ihn nach der Laube? und folgt er? O
macht mich, ihr Götter,
Blind, verwischet das Bild jeder Erinnrung in mir!
Ja, ein Mädchen ist siel und die sich geschwinde dem
einen
Gibt, sie kehret sich auch schnell zu dem andern
herum.
Lache nicht diesmal, Zeus, der frech gebrochenen
Schwüre!
Donnere schrecklicher! Triff! - Halte die Blitze
zurück!
Sende die schwankenden Wolken mir nach! Im
nächtlichen Dunkel
Treffe dein leuchtender Blitz diesen unglücklichen
Mast!
Streue die Planken umher, und gib der tobenden
Welle
Diese Waren, und mich gib den Delphinen zum
Raub! -
Nun, ihr Musen, genug! Vergebens strebt ihr zu
schildern,
Wie sich Jammer und Glück wechseln in liebender
Brust.
Heilen könnet die Wunden ihr nicht, die Amor
geschlagen;
Aber Linderung kommt einzig, ihr Guten, von euch.
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