> Gedichte und Zitate für alle: J.W.v.Goethe: Nachlese: An Friederike Brion (43)

2020-08-07

J.W.v.Goethe: Nachlese: An Friederike Brion (43)




      

      An Friederike  Brion          

Ein grauer, trüber Morgen 
Bedeckt mein liebes Feld, 
Im Nebel tief verborgen 
Liegt um mich her die Welt. 
O liebliche Friedrike, 
Dürft ich nach dir zurück, 
In einem deiner Blicke 
Liegt Sonnenschein und Glück. 

Der Baum, in dessen Rinde 
Mein Nam bei deinem steht, 
Wird bleich vom rauhen Winde, 
Der jede Lust verweht. 
Der Wiesen grüner Schimmer 
Wird trüb wie mein Gesicht, 
Sie sehen die Sonne nimmer, 
Und ich Friedriken nicht. 

Bald geh ich in die Reben 
Und herbste Trauben ein; 
Umher ist alles Leben, 
Es strudelt neuer Wein. 
Doch in der öden Laube, 
Ach, denk ich, wär sie hier; 
Ich brächt ihr diese Traube, 
Und sie - was gäb sie mir? 

Erwache, Friederike, 
Vertreib die Nacht, 
Die einer deiner Blicke 
Zum Tage macht. 
Der Vögel sanft Geflüster 
Ruft liebevoll, 
Daß mein geliebt Geschwister 
Erwachen soll. 

Es zittert Morgenschimmer 
Mit blödem Licht 
Errötend durch dein Zimmer 
Und weckt dich nicht. 
Am Busen deiner Schwester, 
Der für dich schlagt, 
Entschläfst du immer fester, 
Je mehr es tagt. 

Die Nachtigall im Schlafe 
Hast du versäumt; 
So höre nun zur Strafe, 
Was ich gereimt. 
Schwer lag auf meinem Busen 
   Des Reimes Joch; 
   Die schönste meiner Musen, 
   Du - schliefst ja noch. 
























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