> Gedichte und Zitate für alle: Der Tod der Geliebten- Gedichte mit dem Thema Tod (11)

2020-12-27

Der Tod der Geliebten- Gedichte mit dem Thema Tod (11)

 








Rainer Maria Rilke

Der Tod der Geliebten

Er wußte nur vom Tod, was alle wissen:
daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,

hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
und als er fühlte, daß sie drüben nun
wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
und ihre Weise wohlzutun:

da wurden ihm die Toten so bekannt,
als wäre er durch sie mit einem jeden
ganz nah verwandt; er ließ die andern reden

und glaubte nicht und nannte jenes Land
das gutgelegene, das immersüße —.
Und tastete es ab für ihre Füße.
Friedrich Lienhard

An den Tod

"Komm zu mir, Freund von reifer Art,
Du Greis in edelweihem Bart!
Komm zu mir, Tod, geleite fein
Aus Dämmerland in Sonnenschein!"

Der Hausherr sitzt in Abendglut.
Sein Haupt ist matt, sein Auge ruht.
In die geschloßnen Lider blitzt
Der Glanz, der auf den Hügeln sitzt.

Der wärmt hinab in Herzensgrund
Und lockt ein Lächeln auf den Mund,
Ein Seelenlächeln, reif und gut -
So sitzt der Greis in Abendglut.

"Mein Leben war ein Kriegergang
Aus Ahnungsgrau hinauf den Hang.
Dort oben sah ich Gottesglut —
Da wuchs mein Schritt, da stieg mein Mut,
Da stieß ich stolz den Stecken ein,
Drang in des Hügels Himmelsschein
Und sah die Erde klar und gut.

"O Tod, mein Freund, nun flög' ich gern!
Starkleuchtend stehst du wie ein Stern,
Der selbst des Abends Glutenwand
Durchbricht mit der bespeerten Hand.
Wie Wetterleuchten ist dein Kleid!
Nun raffe mich aus Endlichkeit
Auf Blitzesarm ins Geisterland!

"Die da so trostlos um mich stehn,
Sie fürchten deines Flügels Wehn!
Sie sehn nicht mit der Seele Licht,
Wie nun mein Geist den Leib zerbricht
Und dich, du gottentsandter Gast,
Aufrecht an lieben Händen faßt —
Sie weinen nur, sie sehn es nicht.

"Komm zu mir, Tod, geleite fein
Aus Dämmerland in Sonnenschein!
Du Freund in edelweißem Bart,
Komm zu mir, Tod, geleite zart!"
Erich Mühsam

Die Pflicht

Jüngst war der Tod bei mir zu Gast,
Unsichtbar stand er und hat still
Und prüfend meinen Puls gefaßt,
Als fragt er, ob ich folgen will.

Da ward mein Körper schwebend leicht,
Und in mir ward es licht und rein.
Ich spürte: Wenn das Leben weicht,
Muß Seligkeit und Süße sein.

Willkommner Tod. Du schreckst mich nicht;
In deiner Obhut ist es gut,
Wo Geist und Leib von aller Pflicht,
Von Kerkerqual und Ängsten ruht ...

Von aller Pflicht? Stirbt denn mit mir
Der Krieg, das Unrecht und die Not?
Des Armen Sucht, des Reichen Gier, –
Sind sie mit meinem Ende tot?

Ich schwur den Kampf. Darf ich ihn fliehn?
Noch leb ich – wohlig oder hart.
Kein Tod soll mich der Pflicht entziehn, –

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